Samstag, 10. Dezember 2005

"Laufende Dollarscheine" im mausarmen Honduras (Tela, Honduras)

Bummel durchs Zentrum von Tegucigalpa

Der Strassenjunge blickt uns mit leeren Augen an. Unter dem schmutzigen T-Shirt versteckt haelt er eine Cola-Flasche. Doch er trinkt kein l
eckeres Suessgetraenk... Regelmaessig fuehrt er die Petflasche an seinen Mund um die Daempfe des Leimes einzusaugen. Das Leimschnueffeln hilft ihm, das harte Leben auf der Strasse auszuhalten, den Hunger, die Kaelte... Und er ist nicht alleine: neben ihm hocken drei andere Jungs, im Alter von schaetzungsweise 12-16 Jahren, und sie alle haengen an der Cola-Flasche, die mit Leim gefuellt ist.

Szenenwechsel: Santa Mónica, Tegucigalpa


Die Kinder stuermen auf uns zu und springen uns in die Arme. Sie scheinen gluecklich zu sein. Oder freuen sie sich einfach nur, ueberhaupt besucht zu werden, dass sie nicht ganz vergessen gegangen sind? Auf den Huegeln um Tegucigalpa wohnen sie, die Aermsten der Armen. Die Bretterbuden, in denen die Kinder mit Geschwistern und Eltern, oder zumindest der Mutter, wohnen, sind wohl kaum groesser, als fuenf auf fuenf Meter. Der Boden ist aus festgestampfter Erde, und ausgestattet sind die Huetten mit Schaumstoff-Matratzen, einer einfachen Feuerstelle und vielleicht einem kleinen Tisch oder Stuhl. Fliessend Wasser und Strom sind fuer die Leute hier Fremdwoerter, genau so wie es hier nicht selbstverstaendlich ist, eine Strasse, oder einen normalen Weg zur Haustuere zu haben. Nur schmalste, sandige, schwer passierbare Pfade an den steilen Haengen fuehren zu den Hausern hin. Die Schicksale der Menschen hier sind erschreckend: ich erinnere mich an das gelaehmte Maedchen, das von der Schwester (die etwa 10 ist) tagsueber gehuetet wird, wenn die Mutter in der Stadt Tortillas verkauft. Der Vater hat sich einmal mehr vor der Verantwortung gedrueckt und die Familie alleine gelassen... oder die vier Kinder, deren Mutter AIDS und Tuberkulose hat und bald sterben wird... Auch hier kein Vater, der sich danach um die Kinder kuemmern koennte... oder die 16-Jaehrige Jugendliche die vergewaltigt wurde, und von der Mutter nicht mehr aus dem Haus gelassen wird und jetzt ganz von der Aussenwelt abgeschlossen den Rest ihrer Jugend verbringen muss...

Ja, auch dies ist eine Realitaet Zentralamerikas, wenn auch eine, die ein "normaler" Tourist in Honduras kaum mitkriegt. Wir hatten in Guatemala eine Spanierin kennengelernt, die hier in Tegus bei einer NGO in sozialen Projekten hilft. (www.acoes.org) Sie hat uns diese Seite des Landes gezeigt. Und eigentlich laesst sich all das, was wir gesehen haben, gar nicht in Worte fassen... Ein Besuch einer Shopping-Mall - unter anderen Umstaenden etwas ganz normales - kam uns jedenfalls nach diesem Tag extrem komisch vor.
Von anderen Honduras-Touris hatten wir ja vorher eher schlechtes ueber dieses Land gehoert. Die Leute wuerden einen nur als "Dollarscheine mit Fuessen" sehen und seien Touristen gegenueber gar nicht nett eingestellt. Und ausserdem sei es hier extrem gefaehrlich...
Tja, vor dem Hintergrund der Armut wird zumindest die Kriminalitaet ein wenig verstaendlicher...
Trotz allem geniessen wir die Schoenheiten Honduras total. In der Naehe von Tegus haben wir den La Tigra Nationalpark besucht, ein Nebelwaldreservat, und jetzt gerade entspannen wir uns an der Karibikkueste in Tela.

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