"Geht einfach direkt zum Hafen, da steht sie schon, die Eduado III.", erklaert man uns im Buero der Transportgesellschaft, nachdem man uns nur etwa eine halbe Stunde hat warten lassen. Schnell schwingen wir unser Gepaeck und uns in ein Moto-Taxi und brausen zum Hafen. Das grosse Schild am Schiff kuendet die Abfahrt fuer 5 Uhr nachmittags an. Schnell ist die Haengematte im untersten Deck - der billigsten Klasse - aufgehaengt, nur um sie kurz spaeter umzuplatzieren. Wollen wir lieber weg von dem Motor, dafuer gleich neben der Bar schlafen? Oder irgendwo in der Mitte, wo dafuer laute Musik aus den Lautsprechern plaerrt und daneben im Fernseher - ebenfalls laut aufgedreht - irgendwelche Telenovelas gezeigt werden? Schnell wird uns klar, dass es einen wirklich ruhigen Platz hier wohl nicht gibt. Wir entscheiden uns fuer ganz weit vorne, direkt neben der Bar, dafuer so hoffen wir, kriegen wir da etwas Fahrtwind ab, in den heissen tropischen Naechten. Und unser Gepaeck koennen wir praktisch an einen Pfosten direkt neben dem Schlafplatz ketten.
Doch die erste Nacht verbringen wir noch im Hafen. Nichts von wegen Puenktlichkeit. "Heute geht es nicht mehr los, morgen fruehestens am Mittag", heisst es. Aber genau weiss man es nicht. Immer steigen mehr Passagiere dazu. Unser erst noch grosser Freiraum um in der Haengematte zu schaukeln verschwindet schnell, in Abstaenden von einem halben Meter haengen bald dutzende bunte Haengematten in einer Reihe.
Mit Ohropax und Tuch auf den Augen ist die Nacht eigentlich ganz gut zu ueberstehen, bis frueh morgens grosse Aufbruchstimmung herrscht. "Die Pachito faehrt heute los, noch vor dem Mittag!", so geht es von Mund zu Mund, alle Passagiere packen schnell ihr Hab und Gut zusammen um direkt von der Eduardo III in die daneben liegende Pachito zu springen. Bei uns geht verschlafen alles noch nicht so schnell, und als wir rueberklettern wollen, ist die Pachito bereits losgefahren! "Kein Problem", ruft man uns noch vom anderen Schiff zu, "wir wechseln nur den Hafen!" Und so schleppen wir unser Gepaeck von einem Hafen zum anderen. Von neuem geht die Suche nach dem perfekten Haengemattenplatz los. Diesmal entscheiden wir uns fuer das Oberdeck, der Preis ist der gleiche, und tatsaechlich bleibt uns waehrend der ganzen Reise sogar genug Platz um weit in der Haengematte hin und her zu schaukeln!
Alles waere perfekt, wuerden wir nicht um 2 Uhr nachmittags von anderen Passagieren erfahren, dass die Eduardo nun doch schon bereits losgefahren sei, und wir liegen noch immer im Hafen und warten auf die Fracht, welche anscheinend wegen den Strassenblockaden verspaetet sei. Langsam wird klar, dass wir wohl noch eine Nacht im Hafen verbringen werden muessen. Immerhin bekommen wir auf Druck aller Passagiere ein Abendessen und das Fruehstueck tags darauf gestellt. Das Bordessen erweist sich, im Gegensatz zu meinen Erfahrungen auf dem Frachtschiff in Bolivien, nicht als kulinarischer Hoehenflug. Eine einfache Suppe zum Abendessen, Haferschleim zum Fruehstueck - doch satt macht es, und wir hatten vorsorglich ein paar Fruechte und Kekse eingekauft.
Langweilig wird die Wartezeit eigentlich nicht. Wir spielen Karten, relaxen in der Haengematte und... kaufen kurzerhand einen kleinen Ameisenbaeren als Haus- resp. Bordtier.
Nein, wir sind nicht so durchgeknallt, wie das vielleicht klingen mag. Das Tier ist naemlich schon an Bord. "Wir haben ihn soeben auf dem Markt gekauft, aber der Kleine nervt ganz schoen", meint die Besitzerin, welche sich wahrscheinlich gedacht hat, ein Ameisenbaer sei doch eigentlich eine exotische Alternative zur Hauskatze oder einem kleinen Hund. Was fuer ein Tier es genau ist, weiss sie zwar nicht, jedenfalls nicht, dass ein Ameisenbaer Ameisen und Termiten frisst, oder dass der jetzt noch kleine Knirps, spaeter ein ganz grosser wird. "Schau, er frisst Banane und trinkt Coca Cola"... Mir wird fast schlecht! Dass der zahnlose Ameisenbaer nicht faehig ist, etwas anderes als Termiten und Ameisen zu fressen wissen sie nicht. Ich stelle mir auch vor, wie die Tierhaendler seine Mutter sicherlich getoetet haben, denn die Erklaerung, man haette ihn alleine irgendwo im Dschungel gefunden toent nicht sehr ueberzeugend...
Die Familie ist allerdings von dem erst niedlich erscheinenden Tierchen bereits sehr genervt. Es liegt in der Natur eines Ameisenbaeren, auf Baeume zu klettern und Termiten zu suchen. Fehlen die Baeume, dient halt alles andere als Alternative, der Kleine klammert sich an Beine und Hosen fest, klettert geschickt soweit hoch wie moeglich und steckt unterwegs seine lange, duenne Zunge in jede erdenkliche Koerperoeffnung auf der Suche nach Nahrung. Im Ohr ist das nicht sehr angenehm, auch nicht unter dem Arm, wo es kitzelt... So wundert es kaum, dass die Familie das Tier loswerden will. Wir befuerchten schon, sie wuerden es bald ueber Bord werfen, und so beschliessen wir kurzerhand, das Tier zu kaufen, in der Hoffnung, in Iquitos einen geeigneten Platz in einer Tierauffangsstation zu finden. 20 Soles, etwa 7 Franken.
Jeder Stopp in den kleinen Doerfern unterwegs wird ausgenutzt, um Samba, so taufen wir das Baerchen, spazieren zu fuehren. Er wirkt zwar noch etwas ungeschickt, und will nicht richtig fressen, nicht einmal, wenn wir ihn direkt auf den Ameisenhaufen setzen... Doch zum Glueck sind wir im Dschungel, und entdecken bald sogar ein Termitennest, das ihn erst so richtig gluecklich macht. Mit einem Stock schlagen wir es vom Baum und nehmen es gleich mit an Bord, damit der Kleine die dreitaegige Fahrt auch sicher uebersteht...
In Iquitos bringen wir Samba gleich ins Pilpintuwasi Amazon Animal Orphanage
Der Abschied von dem kleinen Biest tut schlussendlich fast ein bisschen weh. Doch wir sind froh, einen wirklich schoenen Platz fuer unser Adoptiv-Ameisenbaerchen gefunden zu haben und sind sicher, dass er hier gross und stark werden wird! ;)
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